Methode
Part 1: Individualität
Die Identifikation stützt sich grundsätzlich auf das Phänomen der Individualität jeder lebenden Person. Diese Tatsache erklärt sich durch den Prozess der Rekombination in der Genetik. Die Anzahl der Rekombinationsmöglichkeiten, somit der möglichen Summe potentiell genetisch differenter Individuen, liegt beim Menschen bei ca. 70 Billionen (223 · 223= 7 · 1013) Genvarianten.
Auf Basis dieser enorm hohen Anzahl von Genotypen unterliegt jeder Mensch aufgrund seines Lebenswandels (sozioökonomischer Status, Krankheit, Tätigkeit, Ernährung) einer weiteren, sehr individuellen Prägung (eingeschlossen eineiige Zwillinge, welche auch genetisch nie zu 100% identisch sind), welche sich im Habitus widerspiegelt.
Part 2: Wiedererkennen vs. Identifizieren
Neben den Grundlagen von Genetik und Humanbiologie ist für die anthropologische Identifizierung die spezialisierte Kenntnis der morphologisch-anatomischen Merkmale des Körpers, insbesondere die des Gesichtes, nötig.
Identifikation erfolgt, anders als ganzheitliches, polarisierendes Wiedererkennen von Personen, durch die Analyse von Ausprägungsformen der Einzelstrukturen. Die Grundlage für das Identitätsgutachten sind dabei feine zwei- und dreidimensionale Oberflächenformen. Das wissenschaftliche Identifizieren setzt voraus, dass alle brauchbaren morphologischen Informationen sorgfältig und möglichst detailliert ausgewertet werden, um eine fundierte Einschätzung über die Ähnlichkeit abgeben zu können.
Part 3: Wissenschaftliche Grundlagen:
Die Bildidentifikation stützt sich auf die anthropologische und anatomische Grundlagenliteratur der letzten 150 Jahre und wurde speziell zum Sinne der Identifikation für Vaterschaftsgutachten weiterentwickelt. Auf dieser Grundlage basiert die heutige Methode des anthropologischen Identitätsvergleiches. Rainer Knußmann verfasste den heute verwendeten Standard, der im zentralen Lehrbuch „Anthropologie“ (Band I/1, G Fischer, Stuttgart) veröffentlicht wurde. Die Methode wird im Rahmen des fachlichen Austausches zwischen den Sachverständigen der Arbeitsgruppe Identifikation nach Bildern (AGIB) weiter vorangetrieben. Der Sachverständige am Institut für Rechtsmedizin nimmt regelmäßig an von der AGIB angebotenen Weiterbildungsveranstaltungen teil.