Grundlagenwissenschaftliche Untersuchung zu den psychobiologischen Folgen
Ansprechpartnerin
- Frau Ruth Marheinecke, Tel. 03641-9398056, Institut für Psychosoziale Medizin, Psychotherapie und Psychoonkologie, Universitätsklinikum Jena
Thema und Fragestellung
Zahlreiche gesundheitliche Symptome von Opfern der SED-Diktatur sind möglicherweise über Veränderungen der hormonellen Stressregulation, genauer, der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHNA), bedingt. Es ist bekannt, dass das Erleben chronischer oder traumatischer Stresserfahrungen zu einer langfristigen Dysregulation der HHNA führen und auf diese Weise pathologische Veränderungen bedingen kann. Zu Beginn einer chronischen Stressepisode begünstigt die vermehrte Ausschüttung des HHNA-Endhormons Kortisol beispielsweise die Entwicklung einer Depression, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und metabolischem Syndrom. Bei anhaltender Stressexposition scheint der initiale Hyperkortisolismus unterhalb normaler Werte zu fallen und Individuen für die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen und somatoformen Störungen zu prädisponieren. Das Wissen um derart veränderte biologische Stressmechanismen sollte Eingang in die psychotherapeutische Praxis und Beratung finden, um mittels spezialisierter Interventionen alltäglich erlebte Stresserfahrungen der Betroffenen zu mindern und der biologischen Dysregulation entgegenzuwirken.
Methodisches Vorgehen
Zielgruppen: ehemalige DDR-Bürger und DDR-Bürgerinnen ab 50 Jahre mit und ohne eigene Erfahrungen mit nicht-strafrechtlicher Repression (z. B. Benachteiligung im Beruf, Diskreditierung des Rufes)
Die Studie wird in bis zu 4 Abschnitten erfolgen:
- ein Fragebogen --> Betroffene und Vergleichsgruppe
- ein Kurzinterview zum mentalen Wohlbefinden und eine Messung von Speichelkortisol am 3 aufeinanderfolgenden Tagen (Beprobung wird zuhause im Alltag von Teilnehmenden durchgeführt) --> Betroffene und Vergleichsgruppe
- ein längeres Interview zu den Repressionserfahrungen (am UKJ in Jena oder bei den Betroffenen zuhause durchgeführt) --> nur Gruppe der Betroffenen
- ein Test der Stressreaktivität (durchgeführt am UKJ in Jena) --> Betroffene und Vergleichsgruppe
Weiterhin wird jedem Teilnehmenden eine Blutprobe zur Ermittlung der Telomerlänge und proinflammatorischer Zytokine entnommen (die Blutentnahme ist freiwillig).
Teilnahme
Die Teilnahme wird mit einer Aufwandsentschädigung (10€ / Stunde) und Fahrtkostenübernahme vergütet.
Mehr Infos zu Repressionen, die auch als Zersetzungsmaßnahmen bezeichnet werden, finden Sie hier.
Wenn Sie mitmachen wollen, beantworten Sie sich diese Frage:
Waren Sie in der ehemaligen DDR von nicht-strafrechtlicher Repression betroffen (z. B. Benachteiligung im Beruf, Diskreditierung des Rufes)?
Ja => Sie können an der Studie eventuell als Zielgruppe teilnehmen.
Nein => Sie können an der Studie eventuell als Vergleichsgruppe teilnehmen.
Melden Sie sich entweder telefonisch unter 03641-9398056 oder schreiben Sie Frau Ruth Marheinecke eine E-Mail.
Veröffentlichungen
- Marheinecke, R., Strauss, B., & Engert, V. (2023). Visible wounds of invisible repression: A perspective on the importance of investigating the biological and psychological impact of political repression. Psychological Trauma: Theory, Research, Practice, and Policy. Advance online publication. https://doi.org/10.1037/tra0001548
- Marheinecke, R., Engert, V., & Strauß, B. (2024). Sichtbare Wunden unsichtbarer Repression: Psychobiologische Langzeitfolgen nicht-strafrechtlicher Repression in der DDR. In: B. Strauß, J. Frommer, G. Schomerus, & C. Spitzer (Hrsg). Gesundheitliche Langzeitfolgen von SED-Unrecht. Gießen: Psychozial-Verlag. 81-96. [PDF]
- Marheinecke, R., Maltusch, A., Nussmann, H., Spitzer, C., Engert, V., & Strauß, B. (2024). Gesundheitliche Langzeitfolgen von Zersetzung in der DDR - „Leise“ Repressionen und ihre Folgen für Betroffene. Die Psychotherapie. In press.
- Marheinecke, R., Winter, A.C., Strauss, B., & Engert, V. (2024). Specific Challenges of Researching Stress in the Context of Quiet Political Repression. Comprehensive Psychoneuroendocrinology. In press.