AG Biomolekulare Photonik
>> Forschungsschwerpunkt
Ein Ziel der Arbeitsgruppe für Biomolekulare Photonik ist es, neue photonische Technologien zu entwickeln und biologischen Anwendungen zuzuführen. Der Fokus liegt dabei auf quantitativen multidimensionalen fluoreszenzmikroskopischen Techniken, die zur Lösung verschiedener Fragestellungen eingesetzt werden.
Themen, mit denen sich die Arbeitsgruppe derzeit befasst sind:
Quantitative multidimensionale Fluoreszenzmikroskopie
In der konventionellen Fluoreszenzmikroskopie wird oft nur die Information über die Intensität der von einem Fluorophor emittierten Strahlung genutzt, um zelluläre Strukturen zu markieren oder mit Hilfe von entsprechenden Indikatorfarbstoffen quantitative Messungen durchzuführen. Das Emissionslicht ist jedoch nicht nur durch seine Intensität, sondern auch durch seine spektralen Eigenschaften, seine Polarisationsrichtung und die Fluoreszenzlebensdauer charakterisiert. Insbesondere die Fluoreszenzlebensdauer erweist sich für viele Fragestellungen als ein nützlicher Parameter. Die Fluoreszenzlebensdauer wird durch die physikalische und chemische Umgebung des Fluorophors beeinflusst und kann damit Informationen über die molekulare Umgebung des Fluorophors liefern.
Die Arbeitsgruppe Biomolekulare Photonik hat mehrere Techniken zur spektralaufgelösten Fluoreszenzlebensdauermessung etabliert, die auf Einzelphotonenzählung (Time correlated single photon counting, TCSPC) oder einem Streak Camera System basieren. Anstatt einer Fluoreszenzabfallkurve, die man mit konventionellen Techniken messen würde, erhält man mit diesen Techniken eine zeit- und spektralaufgelöste Oberfläche, die eine weiterreichende Analyse ermöglicht.
Struktur-Funktionsbeziehungen von Ionenkanälen
Durch Kombination von optischen und elektrophysiologischen Techniken läßt sich das Schalten (gating) eines Ionenkanals mit anderen Ereignissen beispielsweise der Bindung von fluoreszenzmarkierten Liganden oder Konformationsänderungen korrelieren.
In einem gemeinsamen Projekt mit Dr. Vasilica Nache (Institut für Physiologie II) soll mit dieser Technik im Rahmen des SFB-TR "Receptor Light" die Bindung cyclischer Nucleotide an heterotetramere CNG-Kanäle untersucht werden.
Die Technik soll ferner auf die Untersuchung von Glutamatrezeptoren ausgedehnt werden.
Protein-Protein-Interaktionen
Möglichkeiten und Grenzen der Lichtmikroskopie
Wann und wo in lebenden Zellen Assoziationen von Proteinen oder anderen Molekülen stattfinden, ist eine Schlüsselfrage in der Erforschung ihrer Funktionen. Mit dem Paradigmenwechsel von der "Genomik" zur "Proteomik" gewinnt diese Frage zunehmend an Bedeutung.
Indem man Proteine mit verschiedenen fluoreszierenden Farbstoffen markiert, lässt sich ihre Lokalisation im Lichtmikroskop in lebenden Zellen verfolgen. Das Auflösungsvermögen eines Lichtmikroskops ist jedoch zu beschränkt, um einzelne Proteine oder gar deren Interaktion in einer Zelle zu beobachten. Einzelne Molekülkomplexe können zwar mit anderen Verfahren, wie beispielsweise der Elektronenmikroskopie dargestellt werden. Diese Verfahren erlauben es jedoch nur, fixierte und speziell vorbehandelte Präparate zu untersuchen. Eine Verlaufsbeobachtung an lebenden Zellen ist hiermit nicht möglich.
Förster Resonanz Energie Transfer (FRET) Messungen
Unter Ausnutzung eines physikalischen Phänomens, des Förster Resonanz Energie Transfers (FRET), läßt sich jedoch die relative Nähe von Molekülen über die optische Grenze der Lichtmikroskopie hinaus nachweisen. FRET tritt dann auf, wenn sich ein Donor-Fluorophor (D) in räumlicher Nachbarschaft (< 10 nm) zu einem geeigneten Akzeptormolekül (A) befindet. Der Donor kann dann einen Teil seiner Anregungsenergie auf das Akzeptormolekül übertragen. Der Akzeptor kann dann seinerseits einen Teil seiner Anregungsenergie in Form von Fluoreszenzlicht abgeben.
Wenn FRET auftritt, dann nimmt die Fluoreszenzintensität und die Fluoreszenzlebensdauer des Donors ab, während die Fluoreszenzintensität des Akzeptors zunimmt. Über die Messung einer oder mehrer dieser Parameter kann eine Bestimmung der FRET-Effizienz erfolgen.
Über die Bestimmung der Effizienz des Energieübertrages lassen sich zudem Informationen über den Abstand und die Orientierung von Donor und Akzeptormolekülen gewinnen. Mit Hilfe dieses Phänomens können nicht nur molekulare Wechselwirkungen zwischen zwei Proteinpartnern untersucht werden, es ist auch mit Hilfe von geeigneten Markern möglich, Strukturänderungen innerhalb eines Moleküls zu untersuchen.
Im Gegensatz zu Intensitäts-basierten FRET Messungen, die mittlerweile in der Fluoreszenzmikroskopie eine weite Verbreitung gefunden haben, ist es mit Fluoreszenzlebensdauer-basierten Messungen möglich, die Beiträge assoziierter und freier Donormoleküle zur Gesamtfluoreszenz verlässlich abzuschätzen.
Die Information über das Verhältnis interagierender und nicht-interagierender Donormoleküle kann durch eine Kurvenanpassung des Fluoreszenzabfalls bestimmt werden. Im einfachsten Fall lässt sich der Fluoreszenzabfall durch eine biexponentielle Funktion approximieren. Die langsame Lebensdauerkomponente (τs) entspricht dann der Lebensdauer der ungebundenen Donormoleküle, während die schnelle Lebensdauer (τf) eine Funktion des Abstandes und der Orientierung zwischen den interagierenden Donor- und Akzeptormolekülen ist. Die relative Amplitude (As, Af) entspricht den Beiträgen der gebundenen und ungebundenen Fraktion zum Gesamtfluoreszenzabfall.
Weiterentwicklung der Methodik
Trotz der beschriebenen Vorteile können jedoch Fluoreszenzlebens-dauermessungen mit Fehlern behaftet sein. Die zum Markieren der Proteine verwandten Fluorophore können bleichen oder photokonvertieren. Die Fluoreszenzlebensdauer kann sich dabei verkürzen (Hoffmann et al., J. Biomed. Opt. 13, 031205 (2008)). Wenn keine zusätzlichen Kontrollen durchgeführt werden, könnte eine solche Verkürzung fälschlich als FRET interpretiert werden. Eine solche Kontrolle kann über spektral-aufgelöste Fluoreszenzlebensdauermessungen durchgeführt werden. Hierzu wird mit verschiedenen Techniken der Fluoreszenzabfall in mehreren spektralen Bereichen simultan gemessen. In unserer Arbeitsgruppe haben wir verschiedene Techniken zur spektral-aufgelösten Messung des Fluoreszenzabfalls in der Zeitdomäne etabliert.
Entwicklung von Ionenindikatoren und Nanosensoren
Ionenkonzentrationsmessungen in lebenden Zellen
Zur Messung von Ionenkonzentrationen werden in der physiologischen Forschung häufig Indikatorfarbstoffe eingesetzt, die ihre Fluoreszenzeigenschaften bei Bindung eines Analyts (z.B. Ionen, Biomoleküle) ändern.
Häufig werden dabei im Verlaufe eines Experimentes nur die Änderungen der Fluoreszenzintensität gemessen und als eine Zu- oder Abnahme des Analyts interpretiert. Eine absolute Bestimmung der Analytkonzentration aufgrund der Fluoreszenzintensität ist indessen mit herkömmlichen Indikatoren schwierig, da die Intensität des Fluoreszenzsignals nicht nur vom Analyt selbst, sondern auch von der Konzentration des Indikatorfarbstoffes abhängt.
Fluoreszenzlebensdauerbasierte Ionenkonzentrationsmessungen
Um die Messung von Fehlern zu bereinigen, die aus einer unterschiedlichen Beladung oder einer nicht gleichmäßigen Verteilung des Indikatorfarbstoffes resultieren, können sogenannte ratiometrische Farbstoffe verwandt werden. Diese weisen in ihrem Fluoreszenzanregungsspektrum oder ihrem Emissionsspektrum einen isosbestischen Punkt auf. Die Absorption bzw. Emission bei dieser Wellenlänge ist unabhängig von der Konzentration des Analyts und kann damit benutzt werden, um für Schwankungen der Indikatorkonzentration zu korrigieren. Hierzu muss nur das Verhältnis (Ratio) der Messung bei einer Wellenlänge, bei der die Absorption (bzw. Emission) analytabhängig ist, und der analytunabhängigen Absorption (bzw. Emission) am isosbestischen Punkt berechnet werden.
Indikatoren mit diesen Eigenschaften sind jedoch selten. Alternativ bietet es sich an, die Fluoreszenzlebensdauer zu bestimmen, die von der Konzentration des Indikators unabhängig ist.
Nanosensoren
Eine Ionenkonzentrationsbestimmung - basierend auf einer Intensitätsmessung oder einer Fluoreszenzlebensdauermessung - kann jedoch auch durch eine Interaktion mit Proteinmolekülen verfälscht werden.
Diese Nachteile der freien Indikatorfarbstoffe lassen sich weitestgehend dadurch ausschalten, dass sie in Nanopartikel eingebettet werden. Die Polymermatrix der Nanopartikel schützt die Farbstoffe vor der Interaktion mit größeren Makromolekülen, behindert jedoch nicht die Bindung des Analyts selbst.
Zusätzlich kann in die Matrix ein Referenzfarbstoff eingebettet werden, dessen Signal nicht vom Analyt beeinflußt wird. Bei Messungen mit Nanopartikeln, die den Sensor- und Referenzfarbstoff enthalten, lassen sich dann konzentrationsbedingte Schwankungen der Fluoreszenz des Sensorfarbstoffes mit Hilfe der Fluoreszenz des Referenzfarbstoffes korrigieren. Derartige ratiometrische Nanopartikel werden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie (Prof. Dr. Rainer Beckert, Prof. Dr. U.S. Schubert) entwickelt und erprobt.
DNA-Reparaturmechanismen
Beteiligung von S100A11 an der Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen
S100-Proteine können durch Bindung an Interaktionspartner deren Aktivität modulieren. Sie sind in verschiedene zelluläre Prozesse, beispielsweise die Zellzyklus-Regulation, Zellwachstum und Zellmotilität involviert. Wir konnten eine funktionelle Kolokalisierung von S100A11 mit Proteinen detektieren, die an der homologen Rekombinationsreparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen (DSB) beteiligt sind. Hierbei hängt das Erkennen der Orte mit DSB durch RAD54B von dessen Interaktion mit S100A11 ab. Im Rahmen dieses Projekts wollen wir detailliert untersuchen, wie S100A11 in den DNA-Reparaturprozess eingebunden ist.
Entwicklung und Erprobung von Nanopartikeln für die Sensorik und biomedizinische Anwendungen
Anwendung von Nanopartikeln in der biomedizinischen Forschung
Nanopartikuläre Systeme haben ein umfangreiches Einsatzspektrum. In der Industrie werden sie als innovative Werkstoffe und als Bestandteil von Oberflächenbeschichtungen und Farben eingesetzt. In der Medizin werden Nanopartikel in der Diagnostik, zum Wirkstofftransport und für therapeutische Anwendungen eingesetzt. Eisenoxidhaltige Nanopartikel dienen als Kontrastmittel in der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT). Nanocarrier und Nanocontainer können zum Wirkstofftransport eingesetzt werden. Schließlich können Nanopartikel auch als Sensoren in der Diagnostik und biomedizinischen Forschung dienen.
Die AG Biomolekulare Photonik ist in mehrere Projekte eingebunden, die die Entwicklung, Charakterisierung und Anwendung von Nanopartikeln zum Ziel haben. Im Vordergrund steht dabei der Einsatz als Nanosensoren in der Mikroskopie.
Entwicklung von Nanosensoren für Ionen und Biomolekülen
Zur Messung von Ionenkonzentrationen werden in der physiologischen Forschung häufig Indikatorfarbstoffe eingesetzt, die ihre Fluoreszenzeigenschaften bei Bindung eines Analyts (z.B. Ionen, Biomoleküle) ändern. Häufig werden dabei im Verlaufe eines Experimentes nur die Änderungen der Fluoreszenzintensität gemessen und als eine Zu- oder Abnahme des Analyts interpretiert. Eine absolute Bestimmung der Analytkonzentration aufgrund der Fluoreszenzintensität ist indessen mit herkömmlichen nicht-ratiometrischen Indikatoren schwierig, da die Intensität des Fluoreszenzsignals nicht nur vom Analyt selbst, sondern auch von der Konzentration des Indikatorfarbstoffes abhängt. Zusätzlich wird das Fluoreszenzsignal durch Interaktion mit Proteinmolekülen verfälscht.
Diese Nachteile der freien Indikatorfarbstoffe lassen sich weitestgehend dadurch ausschalten, dass sie in Nanopartikel eingebettet werden. Die Polymermatrix der Nanopartikel schützt die Farbstoffe vor der Interaktion mit größeren Makromolekülen, behindert jedoch nicht die Bindung des Analyts selbst. Zusätzlich kann in die Matrix ein Referenzfarbstoff eingebettet werden, dessen Signal nicht vom Analyt beeinflusst wird. Bei Messungen mit Nanopartikeln, die den Sensor- und Referenzfarbstoff enthalten, lassen sich dann konzentrationsbedingte Schwankungen der Fluoreszenz des Sensorfarbstoffes mit Hilfe der Fluoreszenz des Referenzfarbstoffes korrigieren.
Derartige ratiometrische Nanosensoren werden in Kooperation mit dem Institut für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie (Prof. Dr. Rainer Beckert, Prof. Dr. Thomas Heinze, Prof. Dr. Ulrich Schubert) entwickelt. Bislang lag der Fokus dabei auf der Entwicklung von Nanosensoren für Analyte, die durch herkömmliche Indikatoren schwer zu messen sind, wie Natrium (Dietrich 2008, Dietrich et al. 2010), Chlorid (Gräfe et al. 2008) oder Sauerstoff (Cywinski et al. 2008). Neue Trägermaterialien für die Sensoren wurden getestet. Um die Funktionalität dieser Materialien zu testen, wurden hier zunächst ratiometrische pH-Sensoren entwickelt (Hornig et al. 2008, Kempe et al. 2010, 2011).
Publikationen
Melle C, Hoffmann B, Wiesenburg A, Biskup C. FLIM-FRET – based analysis of S100A11/annexin interactions in living cells. FEBS Open Bio 2024; 14:626-642.
Wucherpfennig S, Haq W, Popp V, Kesh S, Das S, Melle C, Rentsch A, Schwede F, Paquet-Durand F, Nache V. cGMP analogous with opposing actions on CNG channels selectively modulate rod or cone photoreceptor function. Pharmaceutics 2022; 14:2102.
Das S, Popp V, Power M, Groeneveld K, Yan J, Melle C, Rogerson L, Achury M, Schwede F, Strasser T, Euler T, Paquet-Durand F, Nache V. Redefining the role of Ca2+-permeable channels in photoreceptor degeneration using diltiazem. Cell Death & Dis 2022; 13:47.
Foertsch F, Kache T, Drube S, Biskup C, Nasheuer HP, Melle C. Determination of the number of RAD51 molecules in different human cell lines. Cell Cycle. 2019 Dec;18(24):3581-3588. doi: 10.1080/15384101.2019.1691802. Epub 2019 Nov 15. PMID: 31731884; PMCID: PMC6927726.
Vasjari L, Bresan S, Biskup C, Pai G, Rubio I. Ras signals principally via Erk in G1 but cooperates with PI3K/Akt for Cyclin D induction and S-phase entry. Cell Cycle. 2019 Jan;18(2):204-225. doi: 10.1080/15384101.2018.1560205. Epub 2019 Jan 2. PMID: 30560710; PMCID: PMC6343710.