Jena (UKJ/kbo). Bu-bumm, bu-bumm, bu-bumm. Kräftig und rhythmisch schlägt das Herz von Leoni. Ein ungewohntes Gefühl. Aber ein schönes Gefühl. 19 Monate hat die heute 23-Jährige darauf gewartet, dass ein Herz wieder regelmäßig Blut durch ihren Körper pumpt, ihr Kraft und Lebensenergie gibt. Eine angeborene Herzmuskelerkrankung, eine dilatative Kardiomyopathie, machte eine Herztransplantation für die junge Frau aus Gera unumgänglich. Nun hat sie ihr Herz. Endlich. Dass eine Patientin so lange auf ein Spenderherz warten muss, ist sehr ungewöhnlich – und verlangt von den Experten um Professor Torsten Doenst, Direktor der Klinik für Herz-Thorax-Chirurgie, einiges ab. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.
Als Leoni Mitte 2021 ins UKJ kommt, geht es ihr so schlecht, dass sie das erste halbe Jahr auf der Intensivstation verbringt. Ihr Herz ist schwer geschwächt und geschädigt. So sehr, dass sie nicht nur ein neues Herz benötigt. Sie benötigt es dringend. Auf der Transplantationsliste wird sie daher auf die höchste Dringlichkeitsstufe „high urgency“ gesetzt. Doch bis ein neues Herz für sie gefunden wird, braucht ihr eigenes Herz Unterstützung. In einer großen Operation rekonstruieren die Herzchirurgen um Professor Torsten Doenst zunächst drei von Leonis Herzklappen und setzen ihr schließlich ein Kunstherz ein: das Linksherzunterstützungssystem, kurz LVAD, fest, ein Rechtsherzunterstützungssystem vorübergehend. Das stabilisiert Leonis Zustand zunächst. Dann, zwei Monate später, eine massive Verschlechterung: Bei Leoni haben sich zahlreiche Blutgerinnsel gebildet, die ihre Lungengefäße verstopfen. Sie erleidet eine Lungenembolie. Lebensgefährlich. Wieder müssen die Herzchirurgen eingreifen. In einer komplizierten Operation räumen sie die Blutgerinnsel aus und schaffen es tatsächlich, Leonis Leben zu retten. „Wenn Leoni eine Katze wäre, dann hätte sie schon lange keine sieben Leben mehr“, beschreibt Torsten Doenst die Situation.
Als sich Leoni von den Eingriffen erholt hat, kommt sie Anfang 2022 auf die Normalstation der Herz-Thorax-Chirurgie. Hier heißt es für sie nun warten auf ein Spenderherz – und überleben. Ihr Kunstherz ist batteriebetrieben, regelmäßig müssen die Batterien gewechselt werden. Zudem nimmt Leoni täglich eine Vielzahl an Medikamenten. Die Einordnung als „high urgency“ auf der Transplantationsliste bedeutet außerdem, dass sie das Klinikum nicht verlassen kann und darf. Ihr Krankenzimmer wird, bis ein Herz für sie gefunden wird, sozusagen ihre Wohnung. Ihren Lebensmut und ihre Lebensfreude lässt sich Leoni davon aber nicht nehmen. „Mit dem Kunstherz ging es Leoni besser, eine Dauerlösung war das aber nicht“, erinnert sich der erfahrene Herzchirurg Doenst zurück. Und: „Wir sind stolz, dass wir Leoni nach den schweren Eingriffen und der weiterhin schlechten Herzleistung sogar mobilisieren konnten. Dennoch war es ein Wettlauf gegen die Zeit: Je länger sie das Kunstherz benötigte, desto wahrscheinlicher das Auftreten von Komplikationen“, erklärt er.
Mehrfach scheint ein passendes Organ für Leoni gefunden. Einmal sogar liegt sie schon in tiefer Narkose. Doch als sie aufwacht: kein neues Herz. Dass ein Spenderherz letztlich doch nicht infrage kommt, hat unterschiedliche Gründe. „Einmal war das Herz des Spenders doch so geschädigt, dass wir es nicht nehmen konnten“, berichtet Doenst. Erst das vierte Organangebot stellt sich als das für sie passende Herz raus. Im Februar 2023 wird es ihr von Torsten Doenst transplantiert. Alles läuft gut. Leoni erholt sich von dem erneut langen Eingriff und gewöhnt sich jeden Tag mehr an ihr neues, rhythmisch und kräftig schlagendes Herz. Wie sie sich bei Professor Doenst und seinem Team jemals bedanken kann, fragt sie bei der Entlassung. Der Herzchirurg hat nur einen Wunsch: „Leben Sie ein schönes Leben!“