Die Brücke zur Transplantation
Die wichtigsten Organersatzverfahren vorgestellt
Die moderne Medizintechnik macht es möglich, dass Geräte und Maschinen übernehmen, wenn lebenswichtige Organe aufgrund akuter oder chronischer Erkrankungen nicht mehr funktionieren. Der Einsatz der Systeme ist lebensrettend, aber immer mit zusätzlichen Risiken wie Gerinnselbildung an körperfremden Material oder der Gefahr von Infektionen an Kanülen verbunden. Je nach Organ ist die Hochleistungsmedizin nur wenige Tage im Einsatz, in denen sich das kranke Organ regeneriert. Manchmal müssen die Systeme aber auch die Zeit überbrücken, bis ein Spenderorgan zu Verfügung steht. Das können Jahre sein.
Die wichtigsten Organersatzverfahren stellen wir hier vor.
Nierenersatzverfahren
Im Durchschnitt neun Jahre müssen Patienten in Deutschland auf eine neue Niere warten; meist sind sie schon jahrelang auf eine Nierenersatztherapie, die Dialyse, angewiesen. Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten, die Filterfunktion der Nieren zu ersetzen.
Bei der Hämodialyse oder Blutwäsche findet die Blutreinigung maschinell außerhalb des Körpers statt. In der Regel dreimal wöchentlich kommen die Patienten in ein Dialysezentrum, wo ihr Kreislauf an ein Dialysegerät angeschlossen wird und ihr Blut dann mehrere Stunden lang durch spezielle Filter strömt. Dabei werden Schadstoffe und überschüssige Flüssigkeit entfernt. Weniger bekannt ist die Bauchfelloder Peritonealdialyse, die kontinuierlich und zu Hause bzw. über Nacht durchgeführt wird. Das ist die Dialyseform der Wahl besonders für Säuglinge und Kinder, weil sie den Tagesablauf weniger beeinträchtigt. Über einen kleinen Schlauch in der Bauchdecke füllen die Patienten bzw. Eltern selbst mehrmals am Tag sterile Dialyseflüssigkeit in den Bauchraum. Die dünne Haut des Bauchfells fungiert dann als Filtermembran, an der die harnpflichtigen Stoffe aus dem Blut in die Flüssigkeit übertreten und durch deren regelmäßigen Wechsel ausgespült werden. Diese Dialyseform bedarf der sehr sorgfältigen Mitwirkung der Betroffenen, die dafür speziell geschult werden.
Leberdialyse
Das Prinzip des Leberersatzverfahrens ähnelt dem für die Niere, jedoch mit dem Unterschied, dass die aus dem Blut zu entfernenden Lebergiftstoffe wasserunlöslich sind und deshalb nicht einfach so durch eine Dialysemembran wandern. Die Leberdialyse nutzt das körpereigene Eiweiß Albumin, das bei gesunden Menschen die Giftstoffe im Blut bindet und zur Leber transportiert. Diese Aufgabe erfüllt das Eiweiß auch im Leberdialysegerät, wo es die Giftstoffe zur Membran bringt, an der sie abgeschieden werden.
In weiterentwickelten Verfahren können auch weitere Transporteiweiße eingesetzt werden, die mit ihren freien Rezeptoren die Giftstoffe aus dem Blut durch die Membranporen hindurchlocken. Durch die Auswahl dieser Eiweiße ist die Art und die Menge des Gifttransports steuerbar. Es kann jedoch nur ein Teil der vielfältigen Stoffwechselfunktionen der Leber maschinell ersetzt werden und deshalb auch nur für einige Tage.
Die Leberdialyse wird seit langem auch am UKJ eingesetzt, etwa bei plötzlichem Leberversagen, verursacht zum Beispiel durch Hepatitis oder Vergiftungen, bei Leberfunktionsstörung nach chirurgischen Eingriffen oder bei Vergiftungserscheinungen infolge chronischer Leberschädigung. Ziel ist es, die Leber zu entlasten, um eine Regeneration zu ermöglichen, oder die Zeit bis zur Transplantation zu überbrücken.
Herzunterstützungssystem oder Kunstherz
Diese Kreislaufunterstützungssysteme werden bei akuter und chronischer Herzschwäche eingesetzt mit dem Ziel Leben zu retten, zu verlängern, die körperliche Leistungsfähigkeit und Lebensqualität zu verbessern. Es gibt Systeme für die kurzzeitige oder dauerhafte Unterstützung. Kurzzeit-Systeme werden vor allem im Notfall verwendet und können schnell im über Blutgefäße in der Leiste eingesetzt werden. Langzeit-Systeme werden über eine Herzoperation in den Brustkorb eingesetzt. Hier gibt es zwei Typen: Die Herzunterstützungssysteme, die mit dem eigenen Herzen verbunden werden und gemeinsam das Blut fördern und die Kunstherzen, welche anstelle des eigenen Herzens eingesetzt werden. Alle Systeme fördern das Blut über elektromechanische Pumpen. Um eine Blutgerinnselbildung am Gerätematerial zu vermeiden, müssen daher Patienten daher dauerhaft blutverdünnende Medikamente einnehmen.
Die Systeme dienen als Brücke zur Herztransplantation, zur Erholung bei akuter Herzschwäche und zur langfristigen Therapie. Heutzutage sind Unterstützungszeiträume von über zehn Jahren möglich. Davon profitieren vor allem ältere Herzpatienten, für die eine Transplantation nicht in Frage kommt. Frühe Diagnose und regelmäßige Nachsorge sind entscheidend für den Therapieerfolg. Am UKJ werden jährlich etwa 80 Systeme eingesetzt.
ECMO – die künstliche Lunge
Wenn bei Patienten mit akutem Lungenversagen eine künstliche Beatmung nicht ausreicht, weil die Lungen den zugeführten Sauerstoff nicht hinreichend ins Blut abgeben können, muss das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert werden. Seit der Corona-Pandemie ist der Fachbegriff dafür – extrakorporale Membranoxygenierung, kurz ECMO – allgemein bekannt.
In diesem intensivmedizinischen Verfahren wird das Blut, bei Erwachsenen etwa drei bis fünf Liter pro Minute, durch eine Kanüle kontinuierlich aus dem Körper heraus und durch ein Gerät gepumpt. Dort findet an einer künstlichen Membran der Gasaustausch, also die Aufnahme von Sauerstoff und die Abgabe von Kohlendioxid, statt. Das sauerstoffreiche Blut wird durch eine zweite Kanüle wieder in den Körper zurückgeleitet.
In der Regel wird die ECMO nur Tage oder wenige Wochen eingesetzt, zum Beispiel um die Lunge bei einer schweren Infektion zu entlasten. Im Anschluss ist eine schrittweise Entwöhnung und spezielle Rehabilitation notwendig. Zunehmend wird das Verfahren auch anstelle der Herz-Lungen-Maschine während einer Lungentransplantation und kurz danach zur Entlastung des neuen Organs angewandt.