Verletzungen der Rotatorenmanschette
Für die Funktion des Schultergelenkes ist eine Gruppe von 4 Muskeln von entscheidender Bedeutung. Deren Sehnen umfassen das Schultergelenk manschettenförmig. Deshalb spricht man auch von der Rotatorenmanschette. Die Beschreibung stammt von einer der Hauptfunktionen, den Drehbewegungen im Schultergelenk. Sie haben aber auch einen entscheidenden stabilisierenden und zentrierenden Einfluss auf das Gelenk, da die knöcherne Führung des Gelenkes wegen der Größendifferenz der Gelenkpartner wenig ausgeprägt ist. Neben der Drehfunktion im Schultergelenk werden Teile der Muskelgruppe auch für die Armhebung benötigt. Auf Grund der engen Lagebeziehung zu den knöchernen Strukturen und der starken Belastung der Sehnen neigen diese zum Verschleiß.
Verletzungen und Läsionen der Rotatorenmanschette sind eine der häufigsten Erkrankungen im Bereich des Schultergelenkes. Dabei ist es oft nicht einfach, zwischen akuten und chronischen Läsionen zu unterscheiden. Für eine frische traumatische Verletzung der Manschette bedarf es einer gewissen Kraft. Typische Unfallmechanismen sind dabei der Sturz auf die ausgestreckten Hände (Bsp. Zweiradunfall) oder aber ein nach hinten Wegreisen des Armes (Bsp. Festhalten beim Sturz). Auch nach Luxationen des Schultergelenkes sieht man häufig Verletzungen und Rupturen der Sehnen der Rotatorenmanschette. Klinisch dominiert dabei eine deutliche funktionelle Beeinträchtigung sofort nach einem Unfall.
Es gibt aber auch chronische schleichende Veränderungen, die zur Sehnendegeneration und in Folge zur Ruptur führen. Oft können sich die Patientinnen und Patienten nicht an einen Unfall erinnern. Größe Studien zeigen, dass zwischen 15 und 20 % der Patientinnen und Patienten im Alter von 50 eine degenerative Ruptur haben. Bei 70-jährigen ist es schon fast jeder Zweite. Viele Läsionen sind zunächst asymptomatisch und machen initial keine oder wenig Beschwerden. Oft ist es dann ein geringes Trauma, welches das fragile Gleichgewicht stört und es kommt zu Symptomen. Dabei entwickeln sich diese oft über einige Tage nach einem Unfallereignis und führen verzögert zu funktionellen Beeinträchtigungen und Schmerz.
Die Verdacht einer Ruptur wird klinisch bei der Untersuchung gestellt. Durch bildgebende Verfahren wird die Diagnose verifiziert. Dabei kommt dem Ultraschall und vor allem der Kernspintomographie (MRT) eine hohe Bedeutung zu. Besonders im MRT kann man erkennen, ob sich in der Muskulatur degenerative Veränderungen und Atrophiezeichen finden. Dies spricht dann stets für eine chronische Läsion bzw. einen vorbestehenden Schaden. Für die Entscheidung der Therapieform und die Erfolgsaussichten ist dies wichtig.
Die Therapie einer Ruptur bzw. Läsion der Rotatorenmanschette kann operativ und konservativ erfolgen. Bei sicher traumatischen frischen Läsionen sowie bei jungen Patientinnen und Patienten sollte eine operative Vorgehensweise gewählt werden. Dies ist wichtig für die Wiederherstellung der Funktion und schützt im Langzeitverlauf vor einer Gelenkabnutzung sowie der Entstehung einer Arthrose. Bei degenerativen Läsionen ist die Entscheidung schwieriger. Hier muss die Veränderung der Muskulatur, der funktionelle Anspruch der Patientin / des Patienten und die Lokalisation und Größe der Ruptur in die Entscheidung mit einbezogen werden. In vielen Fällen ohne sicheres adäquates Unfallereignis kann eine konservative Therapie gewählt werden. Damit sind in dieser Patientengruppe oft sehr gute Ergebnisse zu erreichen. Es bleibt dabei die Option einer sekundären operativen Therapie.
Die konservative Therapie erfolgt durch symptomatische Schmerztherapie und Physiotherapie. Eine Bewegungslimitierung erfolgt nicht und die Patientinnen und Patienten werden motiviert das Gelenk im schmerzfreien Bereich zu belasten und zu bewegen.
Die operative Therapie kann in arthroskopischer Technik und/oder offen durchgeführt werden. Auch eine Kombination aus beiden Verfahren ist möglich, d.h. es erfolgt ein arthroskopischer Abschnitt und eine sogenannte zusätzliche Miniopen-Rekonstruktion über einen kleinen Hautschnitt. Ziel der Therapie ist es, den Riss wieder zu verschließen und die Sehne an den Knochen anzuheften. Manchmal kann auch nur eine Verkleinerung der Läsion erreicht werden.
Die Nachbehandlung ist aufwendig. Initial muss eine Entlastung der operierten Strukturen erfolgen. Dazu sind ja nach Lokalisation der Läsion spezielle Schulterbandagen erforderlich. Oft muss der Arm für 6 Wochen angehoben in einer Nullstellung gelagert werden (Schulterabduktionskissen). Eine aktive Beübung ist im Regelfall nach 6 Wochen wieder möglich. Die Belastung wird dann langsam gesteigert. Es kann durchaus 4-6 Monate andauern, bis das Schultergelenk nach einer Rekonstruktion wieder voll belastbar ist.