Stress und Altern
Einleitung
Zellen und Organismen sind verschiedenen Formen von Stress ausgesetzt, die zu adaptiven und regenerativen Prozessen oder zu Dysfunktion und Schädigung führen. Auf zellulärer Ebene kann zwischen oxidativem, metabolischem und genotoxischem Stress differenziert werden. Oxidativer Stress zeichnet sich durch ein Ungleichgewicht zwischen reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) und antioxidativen Schutzmechanismen aus. Metabolischer Stress ist durch einen Mangel an ATP oder durch ein Überangebot an Energiequellen wie Glukose und Fettsäuren charakterisiert. Ein wichtiges Anliegen der in unserem Institut durchgeführten Arbeiten ist es, die Mechanismen der verschiedenen Antworten auf Stress besser zu verstehen, um sie eventuell nutzbringend beeinflussen zu können. Unser Interesse gilt dabei der Rolle von verschiedenen Signalmolekülen (AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPK), Sirtuin 1) und metabolischen Prozessen (Glykolyse, Fettsäurestoffwechsel, Autophagie) bei Stressprotektion. Ein wichtiges zelluläres Modell sind primäre vaskuläre Endothelzellen.
Auch Zellalterung ist mit zellulärem Stress verknüpft und führt zu Funktionsverlust und gestörter Gewebehomöostase. Altern stellt einen Hauptrisikofaktor für Erkrankungen dar, die in Industrieländern gehäuft auftreten (zum Beispiel kardiovaskuläre Krankheiten). Die Verbesserung des Gesundheitszustands älterer Menschen setzt eine genaue Kenntnis der molekularen Mechanismen voraus, die zu altersabhängigen Einschränkungen von Organfunktionen führen. In unserem Institut wird vor allem die Bedeutung metabolischer Veränderungen für die Zellalterung untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Untersuchung posttranslationaler Modifikationen von Proteinen (PTMs), die vermutlich zu Funktionsverlusten bei Zellalterung beitragen können. PTMs entstehen in enzymatischen (Acetylierung, Glykosylierung) oder nicht-enzymatischen Reaktionen (Glykierung, Oxidation), zum Teil an derselben Aminosäure. Im alternden Organismus können Veränderungen der PTM-Muster zu Fehlregulationen zellulärer Prozesse führen. Eine genaue Kenntnis dieser PTMs ist die Voraussetzung für zielgerichtete Maßnahmen, die letztlich die Gesundheitsspanne im Alter verlängern können.
Forschungsprojekte:
DFG GRK 1715 - Regine Heller
1. AMP-aktivierte Proteinkinase als Mediator der Stress-induzierten Autophagie in Endothelzellen
Die AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPK), ein Sensor des zellulären Energiestatus, ist in die Regulation von zellulärer Homöostase und Signalübertragung einbezogen. Untersuchungen aus unserer Gruppe haben gezeigt, dass AMPK durch den Wachstumsfaktor VEGF (vascular endothelial cell growth factor) aktiviert wird und wesentlich zu dessen pro-angiogener Wirkung beiträgt. AMPK wird nicht nur nach metabolischem sondern auch nach oxidativem Stress aktiviert und hat antioxidative und antiinflammatorische Wirkungen. Zudem ist das Enzym in die Induktion und Regulation der Autophagie, eines wichtigen proteolytischen Prozesses, einbezogen. Autophagie hat eine essentielle homöostatische Funktion und wird als lebensverlängernder Prozess angesehen. Im Mittelpunkt des hier bearbeiteten Projektes steht die Untersuchung der AMPK-Autophagie-Achse unter Bedingungen der metabolisch bedingten Dysfunktionen des Endothels.
Beteiligte Mitarbeiter: Preetha Balakrishnan (PhD candidate), Elke Teuscher (Technician), Regine Heller (Project leader)
Kooperationen: Sandor Nietzsche (Elektronenmikroskopisches Zentrum, Universitätsklinikum Jena), Andreas Koeberle (Institut für Pharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena), Peter Hemmerich (Leibniz-Institut für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut Jena)
2. Metabolische Adaptation als Antwort auf zellulären Stress in Endothelzellen
Vaskuläre Endothelzellen sind verschiedenen Stressbedingungen (Entzündung, Hypoxie, Ischämie) ausgesetzt. Um die zellulären Funktionen aufrecht zu erhalten und das Überleben der Zelle zu sichern, ist die Induktion adaptiver und protektiver Prozesse essentiell. Im hier beschriebenen Projekt soll untersucht werden, welche metabolischen Veränderungen nach inflammatorischem oder hypoxischem Stress in Endothelzellen stattfinden. Dabei soll sowohl der zelluläre Stoffwechsel (Seahorse-Analysen, Fluxmessungen mit radioaktiv markierten Substraten (Glucose, Fettsäuren) und Metabolitbestimmungen) als auch die verantwortlichen molekularen Mechanismen (Prolylhydroxylasen, HIF and PGC1a als Transkriptionsfaktoren, AMPK, mTOR und SIRT1 als regulatorische Enzyme) untersucht werden. Ein wichtiger Schwerpunkt wird zudem sein, zelluläre Metaboliten (Acetyl-CoA, Lactat, Succinat) als Mediatoren beobachteter Veränderungen zu charakterisieren.
Beteiligte Mitarbeiter: Dennis Torkornoo (PhD candidate), Katrin Spengler (Research assistant), Regine Heller (Project leader)
Kooperationen: Christian Marx, Zhao-Qi Wang (Leibniz-Institut für Alternsforschung Fritz-Lipmann-Institut Jena), Carsten Hoffmann (Institut für Molekulare Zellbiologie, Universitätsklinikum Jena), Benoit Viollet (Université Paris Descartes), David Carling (MRC Clinical Sciences Center, Cellular Stress Group, Imperial College, London)
Förderung: DFG, GRK 1715 (SP 2), 2012-2021
DFG GRK 2155 - Regine Heller
1. Mechanismen und Konsequenzen alterungsbedingter Proteinmodifikationen im AMPK-Signalweg in Endothelzellen
Das Enzym AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPK) kontrolliert den zellulären Energiestatus und reguliert wichtige homeostatische und zellprotektive Prozesse. Sowohl Hyperaktivität als auch verminderte Aktivität des Enzyms wurden bei Zellalterung beobachtet. AMPK wird durch Phosphorylierung am Threoninrest 172 reguliert. Daneben scheinen andere Proteinmodifikationen wie Acetylierung, Oxidation, Carbonylierung und O-GlcNacylierung eine Rolle zu spielen. Frühere Arbeiten unserer Gruppe haben gezeigt, dass AMPK durch Wachstumsfaktoren, die das Enzym Ca++/Calmodulin-abhängige Kinase Kinase 2 (CaMKK2) aktivieren, stimuliert wird und oxidativem und glykotoxischem Stress entgegenwirkt. Das vorliegende Projekt soll untersuchen, wie sich AMPK und AMPK-regulierende Proteine in seneszenten und in vivo gealterten Zellen verhalten und ob Proteinmodifikationen dabei eine Rolle spielen. Als Modell dienen humane junge und replikativ seneszente Endothelzellen aus Nabelschnurvenen sowie Endothelzellen, die aus jungen und alten Mäusen gewonnen werden (Wildtypmäuse oder Mäuse, denen die katalytische Untereinheit der AMPK fehlt). Der Nachweis der Modifikation erfolgt in immunpräzipitierten Proteinen mittels Massenspektrometrie.
Beteiligte Mitarbeiter: Claudia Ender (Doktorandin), Darya Zibrova (wiss. Mitarbeiterin), Katrin Spengler (wiss. Mitarbeiterin), Elke Teuscher (MTA), Regine Heller (Projektleiterin)
Kooperationen: Benoit Viollet (Université Paris Descartes), David Carling (MRC Clinical Sciences Center, Cellular Stress Group, Imperial College, London), John W. Scott (St Vincent’s Institute of Medical Research, Melbourne, Australia), Andreas Simm (Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Halle (Saale)
2. Advanced Glycation End Products (AGEs) in Endothelzellen
AGEs stellen eine heterogene Substanzgruppe dar, die durch nichtenzymatische Glykierung von Proteinen im Rahmen der Maillard-Reaktion entstehen. Sie können aufgrund nachlassender proteolytischer Kapazitäten in alternden Zellen akkumulieren und rezeptorabhängig oder -unabhängig verschiedene Prozesse beeinflussen, die unter anderem zu vaskulären Erkrankungen führen. Das vorliegende Projekt soll die Bildung von AGEs in humanen Endothelzellen näher charakterisieren. Dabei sollen Proteine identifiziert werden, die einer Glykierung unterliegen, und die funktionelle Relevanz der Glykierung geklärt werden. Schwerpunkt soll die Charakterisierung metabolischer Proteine und Prozesse sein, wobei der AMPK-Signalweg besonders berücksichtigt wird. Die Bildung von AGEs wird durch Glyoxal induziert. Der Nachweis der Modifikation erfolgt im Westernblot und nach Antikörper-basierter Anreicherung in Massenspektrometrie-Analysen.
Mitarbeiter: Anja Leheis (Medizindoktorandin), Theresa Rändler (Medizindoktorandin) , Elke Teuscher (MTA), Regine Heller (Projektleiterin)
Kooperationen: Alessandro Ori (Leibniz-Institut für Alternsforschung Fritz-Lipmann-Institut Jena), Lars-Oliver Klotz (Institut für Ernährungswissenschaften, Friedrich-Schiller-Universität Jena), Andreas Simm (Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Halle (Saale)
3. Metabolische Veränderungen in seneszenten Endothelzellen
Zelluläre Alterung ist mit einem Nachlassen zellulärer Funktionen verbunden, die unter anderem auf Veränderungen des zellulären Metabolismus beruhen können. Ziel dieses Projektes ist es, den Stoffwechsel seneszenter Endothelzellen zu charakterisieren und die molekularen Veränderungen, die dazu führen, zu identifizieren. Als Modell dienen junge und replikativ seneszente Endothelzellen aus Nabelschnurvenen sowie Endothelzellen, die aus jungen und alten Mäusen gewonnen werden. Neben Seahorse-Analysen werden Fluxmessungen mit radioaktiv markierten Substraten (Glucose, Fettsäuren) und Metabolitbestimmungen durchgeführt. Transcriptomics- und Proteomics-Analysen dienen zur Aufklärung von molekularen Mechanismen.
Beteiligte Mitarbeiter : Leonie Stabenow (Medizindoktorandin), Claudia Ender (Doktorandin), Elke Teuscher (MTA), Regine Heller (Projektleiterin)
Kooperationen: Alessandro Ori, Joanna Kirkpatrick, Christian Marx, Zhao-Qi Wang (Leibniz-Institut für Alternsforschung Fritz-Lipmann-Institut Jena)
Förderung: GRK 2155 (SP13), 2016-2020
Jenaer Graduiertenakademie - Regine Heller
Die Rolle AMPK-vermittelter Prozesse bei der Virusreplikation
Die systemische Verteilung von viralen Pathogenen erfordert häufig eine Interaktion mit vaskulären Endothelzellen. Bisher ist nicht bekannt, wie dieser Prozess reguliert ist und ob eine Verhinderung der Infektion von Endothelzellen Auswirkungen auf die systemische Infektion hat. Da die Virusreplikation vom Stoffwechsel der Wirtszelle abhängig ist, kann sie vermutlich durch Modulation metabolischer Regulatoren beeinflusst werden. Die AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPK) stellt einen solchen Regulator dar und spielt eine wichtige Rolle in der Kontrolle von Proteinsynthese, Fettsäurestoffwechsel, Glykolyse und Autophagie. Im Projekt soll anhand ausgewählter Virusstämme untersucht werden, welche Bedeutung diese metabolischen Prozesse der Wirtszelle für die Replikation der Viren haben und ob und wie AMPK die Virusreplikation über diese Stoffwechselwege kontrollieren kann.
Beteiligte Mitarbeiter: Heena Doshi (Doktorandin), Regine Heller (Projektleiterin)
Kooperationen: Andreas Henke (Sektion Experimentelle Virologie des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Jena)
Förderung: Jenaer Graduiertenakademie, Landesgraduiertenstipendium, 2017-2020
FSU Wiedereinstiegsstipendium - Darya Zibrova
Regulation der Hexosaminsynthese durch AMPK - Konsequenzen für die vaskuläre Dysfunktion bei Diabetes mellitus Typ 2
Die AMP-aktivierte Proteinkinase (AMPK), ein Schlüsselenzym des zellulären Metabolismus, schützt Endothelzellen vor Dysfunktion und reguliert Angiogenese. In vorhergehenden Untersuchungen wurde die Glutamin-Fruktose-6-Phosphat-Amidotransferase 1 (GFAT1), das geschwindigkeitsbestimmende Enzym des Hexosamin-Weges, als neues AMPK-Substrat identifiziert. Der Hexosamin-Weg wird durch hohe Glukose-Spiegel stimuliert und führt zur Bildung von N-Acetylglucosamin (GlcNAc), welches als Substrat für posttranslationale O-GlcNAcylierungen von Proteinen dient. Letztere tragen vermutlich zu vaskulären Komplikationen des Diabetes bei. In Übereinstimmung damit haben wir nachgewiesen, dass der Hexosamin-Weg die VEGF-induzierte Angiogenese hemmt. Das vorliegende Projekt soll relevante O-GlcNAcylierte Proteine identifizieren, ihre funktionelle Rolle charakterisieren und untersuchen, wie eine Modulation der AMPK-GFAT1-Achse ihre Funktion verändert. Insbesondere soll untersucht werden, ob und wie die durch hohe Glucosespiegel induzierte endotheliale Dysfunktion über eine Beeinflussung der AMPK-GFAT1-Achse verhindert oder vermindert werden kann.
Beteiligte Mitarbeiter : Darya Zibrova (wiss. Mitarbeiterin), Regine Heller (Mentorin)
Kooperationen: Benoit Viollet (Université Paris Descartes), David Carling (MRC Clinical Sciences Center, Cellular Stress Group, Imperial College, London)
Förderung: Jenaer Graduiertenakademie, Landesgraduiertenstipendium, 2018-2019
Else-Kröner-Forschungskolleg - Regine Heller
Autophagie-Insuffizienz als Mechanismus vaskulärer Alterung
Autophagie gehört zu den Mechanismen der molekularen und zellulären Qualitätskontrolle und ist für die Aufrechterhaltung der zellulären Homöostase verantwortlich. Daten der Arbeitsgruppe zeigen, dass vaskuläre Endothelzellen für ihre Funktionsfähigkeit hohe basale Autophagie-Raten benötigen und dass Autophagie in seneszenten humanen und in in-vivo gealterten Maus-Endothelzellen abnimmt. Das vorgelegte Projekt hat das Ziel, die Funktion der Autophagie in Endothelzellen weiter zu charakterisieren und einen kausalen Zusammenhang zwischen Abnahme der Autophagie und Altern der Zellen nachzuweisen. Insbesondere soll die Rolle der Mitophagie charakterisiert werden. Die Daten, die in kultivierten Zellen erhoben wurden, sollen in Mausmodellen überprüft werden. Wir erwarten neue Erkenntnisse zu Targeting-Strategien, mit deren Hilfe über eine Verhinderung der altersbedingten Autophagie-Hemmung endotheliale Funktionen erhalten und kardiovaskuläre Erkrankungen vermindert werden können.
Beteiligte Mitarbeiter : Nadja Wystub (wiss. Mitarbeiterin), Claudia Ender (Doktorandin), Leonie Stabenow (Medizinerdoktorandin), Elke Teuscher (MTA), Regine Heller (Projektleiterin)
Kooperationen: Hans-Michael Tautenhahn (Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Uniklinikum Jena)
Förderung: Else-Kröner-Forschungskolleg AntiAge , 2017-2020