Literaturempfehlung
Wo ist der Beweis? (Imogen Evans et al: Wo ist der Beweis? Huber: Bern, 2013)
Evidenzbasierte Medizin: Professionell und mit kluger Skepsis
Dtsch Arztebl 2013; 110(38): A-1742 / B-1537 / C-1514
Wer heilt, hat recht, aber woher weiß ich, dass derjenige, der mir ein Heilversprechen gibt, dieses auch einhält? Mit dem Buch „Wo ist der Beweis?“, der deutschen Ausgabe des Buches „Testing Treatments“, ist mithin die beste Orientierung darüber gegeben, was in der Medizin sinnvoll und richtig ist und was nicht. In 13 sehr übersichtlich und gut lesbare Kapitel gegliedert, beschäftigt sich dieses Buch mit Kernfragen von „neu - aber auch besser?“ zu „erhofften, aber nicht eingetretenen Wirkungen“, dem Irrtum der übertriebenen Radikalität, dem Umgang mit Unsicherheit generell und der Frage, wann Screening-verfahren tatsächlich sinnvoll sind oder nicht.
Wie wichtig gute und vollständige klinische Forschung ist, wird spätestens beim Rückblick auf Irrtümer in der Medizin klar. Antiarrhythmika haben hervorragend Rhythmusstörungen verringert. Leider hat man erst mehr als ein Jahrzehnt später festgestellt, dass viele der mit diesen Medikamenten behandelten Patienten nicht trotz der Therapie, sondern wegen der Therapie starben. Das heißt, durch die Behandlung wurde zwar das EKG schöner, die Patienten starben aber umso häufiger. Inzwischen weiß man, dass einige Studien bereits viel früher Hinweise auf die tödliche Nebenwirkung dieser Medikamente gegeben haben. Leider wurden diese Studien nie veröffentlicht. Dieses und andere Beispiele zeigen, auf welch dünnem inhaltlichem Eis sich Ärzte tagtäglich bewegen und wie wichtig klinische Erfahrung und systematische Verlaufsbeobachtung sind. "Sauberes Wissen“ ist die wichtigste Ressource für Gesundheit im 21. Jahrhundert. Das Buch ist explizit nicht nur für Experten geschrieben, sondern allgemeinverständlich und gut lesbar. Es ist das wichtigste und verständlichste Buch über evidenzbasierte Medizin in deutscher Sprache und sei jedem empfohlen, der professionell und mit kluger Skepsis seiner Verantwortung in der klinischen Versorgung gerecht werden möchte. Günther Jonitz