06.06.2013
Den Phantomschmerz in die Schranken weisen
Der Innovationspreis 2013 der Stiftung „Familie Klee“ geht am 7. Juni an die AG „Phantomschmerz“, an der neben Psychologen der Universität Jena auch Prof. Gunter Hofmann vom Uniklinikum beteiligt ist
Jena (sl/FSU) Die Arbeitsgruppe „Phantomschmerz“ um Prof. Dr. Thomas Weiß von der Universität Jena erhält am Freitag (7. Juni) den diesjährigen Innovationspreis der Stiftung „Familie Klee“. Er ist mit 15.000 Euro dotiert.
Phantomschmerz entsteht, weil das Gehirn nach dem Verlust von Gliedmaßen keine Signale mehr von ihnen empfängt und deshalb sozusagen irritiert ist. Zudem strukturiert sich das Gehirn nach einer Amputation funktionell um. „Dieser Mechanismus schien uns eine mögliche Ursache für die Genese des Phantomschmerzes zu sein“, sagt Thomas Weiß. „Uns ist es gelungen, mittels myoelektrischen Prothesen mit somatosensorischem Feedback den Phantomschmerz deutlich zu lindern“, betont Weiß. Die Anspannung der Muskeln wird von der Prothese erfasst und in Bewegungen der Prothese umgewandelt. Die Arbeitsgruppe um Prof. Weiß hat eine herkömmliche Prothese so umgebaut, dass die Tätigkeit der Prothesenhand registriert und an eine Stimulationseinheit am Oberarm gesendet wird, von wo aus die Werte in ein Stimulationsmuster umgewandelt und zum Stumpf des Patienten zurückgemeldet werden. Durch die künstlich erzeugten Impulse lernt der Patient, die Prothese viel genauer zu steuern, so dass der Phantomschmerz erheblich reduziert und zugleich die Funktionalität der Prothese maßgeblich verbessert werden konnte.
Die siebenköpfige Arbeitsgruppe hat sich zunächst auf Unterarmamputierte konzentriert, darunter Patienten, die ihren Arm durch einen Unfall verloren haben. Außerdem behandeln die Jenaer Wissenschaftler einige Patienten, denen ein Arm wegen einer Diabetes-Erkrankung oder infolge von Krebs amputiert werden musste.
Die Arbeitsgruppe „Phantomschmerz“ ist am Lehrstuhl für Biologische und Klinische Psychologie von Prof. Dr. Wolfgang H. R. Miltner angesiedelt. Neben Miltner gehören noch Prof. Dr. Dr. Gunther Hofmann, der Leiter der Unfallchirurgie am Jenaer Universitätsklinikum, die Psychologinnen Dr. Caroline Dietrich, Dr. Sandra Preißler und die Diplom-Psychologin Kathrin Blume zur Gruppe. Vervollständigt wird das Team um Prof. Weiß durch den Ergotherapeuten Hendrik Möbius und den Diplom-Ingenieur Ferenc Torma, der die technischen Veränderungen an der Standardprothese vornimmt.
Unterschenkel-Amputierte gesucht
Das Preisgeld soll der weiteren Forschung zugutekommen, sagt Thomas Weiß. Die Arbeitsgruppe hat nämlich begonnen, ihre Erkenntnisse auf Patienten zu übertragen, denen ein Unterschenkel amputiert wurde. Wieder sei es ein Ziel, den Phantomschmerz zu vermindern. Zudem werde angestrebt, die Funktionalität von Fußprothesen zu verbessern. Zu den Problemfeldern gehören das Laufen auf weichen Untergründen sowie das Übersteigen von Kanten. Die Arbeit der Jenaer Wissenschaftler wird auch von der Gesetzlichen Unfallversicherung Deutschland gefördert.
Für ihre Forschung sucht die Arbeitsgruppe „Phantomschmerz“ weitere Patienten, denen ein Unterschenkel amputiert wurde. Das Alter des Patienten und der Zeitpunkt der Amputation spielen keine Rolle, so Weiß. Wer sich beteiligen möchte, kann sich an Prof. Weiß wenden: Telefon: 03641 945143, E-Mail: .
Die Stiftung „Familie Klee“ lobt seit 1995 einen Innovationspreis aus, mit dem eine wissenschaftliche Leistung im Grenzgebiet zwischen Medizin und Technik ausgezeichnet wird. Die Arbeit soll durch eine neuartige Kombination von medizinischen und technischen Kenntnissen eine Krankheit heilen, eine Therapie verbessern oder die Folgen einer Erkrankung mildern. Ins Leben gerufen hat die Stiftung „Familie Klee“ der Ingenieur und Erfinder Gerhard Klee (1915-2002), der während seiner langjährigen Tätigkeit bei der Samson AG in Frankfurt/Main 165 Patente erwarb, von denen 32 gemeinsam mit anderen Mitarbeitern eingereicht worden waren.