Ohne wäre keine Transplantation am Universitätsklinikum Jena möglich: das Transplantationsimmunologische Labor am Institut für Humangenetik. Denn das fünfköpfige Team um Fachimmungenetiker Dr. Volker Oberle stellt gemeinsam mit den Kollegen aus dem Institut für Transfusionsmedizin mithilfe von transplantationsimmunologischen und immungenetischen Untersuchungen sicher, dass Organ- und Stammzelltransplantate bestmöglich vertragen werden. Sie sind deshalb unverzichtbarer Bestandteil des hoch komplexen Vorgangs, das passende Organ bzw. die passenden Stammzellen für die Patientinnen und Patienten am UKJ zu finden. Das Labor ist das einzige seiner Art in Thüringen und eines von etwa 40 deutschlandweit.
So individuell wie ein Fingerabdruck
Bei allen notwendigen Untersuchungen steht eins im Mittelpunkt: HLA. Die Abkürzung steht für humane Leukozyten-Antigene, die spezifischen Gewebemerkmale auf weißen Blutzellen, die beim komplizierten System der Immun-abwehr eine wesentliche Rolle spielen. „Die Gewebemerkmale von Spender und Empfänger müssen möglichst genau zusammenpassen. Dabei sind sie so individuell wie ein Fingerabdruck“, weiß Dr. Oberle. „Weichen sie voneinander ab, werden die Antigene des Spenders als fremd eingestuft, weshalb sie beim Empfänger eine Abwehrreaktion gegen das Transplantat auslösen. Und genau das soll verhindert werden.“
Fortschrittliche Sequenzierungstechnologie
Die genetischen Informationen von Spender und Empfänger untersucht das Team mithilfe des sogenannten Next-Generation-Sequenzing, einer fortschrittlichen DNA-Analysetechnologie. „Im Gegensatz zur bisher genutzten Sanger-Sequenzierung können wir damit nicht nur einzelne DNA-Fragmente bestimmen, sondern Millionen von Fragmenten gleichzeitig“, beschreibt Dr. Oberle den großen Vorteil. „Das spart Zeit und Kosten und ermöglicht uns gleichzeitig auch hochauflösende Analysen.“ Diese transplantationsimmunologischen Untersuchungen finden für Spender und Empfänger von Stammzellen sowie Empfänger von Organen vor und auch nach der jeweiligen Transplantation statt. Etwa 1 500 Typisierungsaufträge erhalten Dr. Oberle und sein Team pro Jahr, wobei das Hauptaugenmerk auf dem Bereich der Stammzelltransplantation liegt. Damit gehören sie zu den führenden Transplantations-Laboren in Deutschland.
HLA beeinflusst Krankheiten und Therapien
Die modernen Untersuchungstechniken und Analysegeräte kommen jedoch nicht nur im Rahmen von Organ- bzw. Stammzelltransplantationen zum Einsatz. „Auch zahlreiche Krankheiten sind direkt mit HLA verbunden“, sagt der Fachimmungenetiker. Vor allem bei Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoider Arthritis, Morbus Bechterew, Zöliakie oder Narkolepsie spielen bestimmte HLA-Kombinationen eine bedeutende Rolle. „Deshalb senden uns ganz unterschiedliche Fachbereiche von Geburtsmedizin über Kinderklinik bis hin zur Augenklinik Patienten mit dem Verdacht auf eine solche Erkrankung zur Abklärung“, so Dr. Oberle. Da außerdem eine steigende Anzahl neuer Therapieverfahren wie die Car-T-Zell-Therapie bei Krebserkrankungen auf Antikörpern beruht oder Medikamente bei bestimmten HLA-Merkmalen nicht eingesetzt werden können, prüft das Team des Transplantationsimmunologischen Labors auch hierfür die genetischen Voraussetzungen der Patientinnen und Patienten.
Qualität auf höchstem europäischen Niveau
Die European Federation for Immunogenetics (kurz EFI) als europäische Fachgesellschaft überprüft jährlich die hohen Qualitätsstandards, die das Transplantationsimmunologische Labor am UKJ einhalten muss. „Jeder Mitarbeitende und jedes Gerät in unserem Labor ist entsprechend akkreditiert. Andernfalls dürfen wir keine Analysen durchführen“, betont Dr. Oberle, der gleichzeitig EFI-Direktor des Labors ist, die Wichtigkeit der Zertifizierung. Dass auch die anderen deutschen und europäischen Transplantations-Labore den Qualitätsstandards entsprechen, kontrolliert Dr. Oberle in seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Prüfer selbst. Außerdem gibt er sein Wissen aus den Bereichen Transplantationsgenetik und Zellimmunologie in der Lehre an Medizinstudierende sowie als Ausbilder an künftige Fachimmungenetiker weiter – und ist zudem an der Weiterentwicklung neuer Sequenzierungsmethoden beteiligt. Damit Transplantationen nicht nur am UKJ, sondern auch europaweit erfolgreich sein können.